Mussten zuvor noch lange und komplizierte Ausnahmeanträge an die gestellt werden, können Ärzte in Deutschland seit März 2017 Medizinalcannabis deutlich einfacher per Rezept verordnen. Dank der Gesetzesänderung wurde in diesem Jahr die sogenannte „Therapiehoheit“ auf den Arzt übertragen: Solange dieser eine nicht ganz unrealistische Chance auf einen positiven Verlauf der Diagnose sieht, durften Ärzte Cannabis als Betäubungsmittel verschreiben. Die Zahl der Patienten ist seitdem rasant angestiegen: Von wenigen Einzelpersonen vor 2017 bis zu geschätzten über 150.000 Cannabispatienten heute, hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Seit dem 1. April kann Cannabis nun einfach als Verschreibungspflichtiges Medikament, auch ohne Vordiagnose, verschrieben werden. Seitdem hat sich die Anzahl der Patienten in Deutschland noch weiter vergrößert.

Manche Menschen haben jedoch Bedenken bezüglich der Auswirkungen, welche die vereinfachte Verordnung haben könnte. Besorgte Bürger befürchten, dass es zu einer Zunahme des von Cannabis kommen könnte. Andere sind der Meinung, dass die Gesetzesänderung ein Schritt in die richtige Richtung ist, um die medizinische Nutzung von Cannabis zu fördern und den Schwarzmarkt einzudämmen.

Einige Patienten haben jedoch oftmals Schwierigkeiten, einen Arzt zu finden, der bereit ist, Cannabis zu verschreiben. Andere Patienten suchen verzweifelt nach einer Apotheke, in der das gewünschte Medikament vorrätig ist. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Verfügbarkeit von verordnetem Medizinalcannabis in Zukunft entwickeln und welche Auswirkungen dies auf die medizinische Gemeinschaft und die Cannabis Community in Deutschland haben wird.

Dennoch lässt sich nicht leugnen, dass die Legalisierung von Cannabis auf Rezept in Deutschland einen wichtigen Schritt in Richtung einer besseren Gesundheitsversorgung für Patienten darstellt.

Medizinisches Cannabis auf einem Plastikwürfel
Abb. 1: Heiß begehrt: Medizinisches Cannabis darf seit 2017 relativ einfach verschrieben werden. Trotzdem gibt es noch Komplikationen…

Jeder darf verschreiben – doch woher bekomme ich ein Cannabis-Rezept?

In Deutschland haben bis auf Tier- und Zahnärzte alle niedergelassenen Ärzte das Recht, Cannabis zu verordnen. Obwohl es eine kleine Debatte gibt, ob zukünftig nur noch Fachärzte ein Rezept für Medizinalcannabis ausstellen dürfen, wird dies vermutlich nicht viel an der Gesamtsituation ändern.

Wenn jemand Cannabis auf Rezept benötigt, muss er oder sie zuerst einen Arzt aufsuchen. Es ist wichtig, dass der Arzt über die medizinischen Vorteile von Cannabis Bescheid weiß und bereit ist, es als Behandlungsmöglichkeit zu verschreiben. Ist der Arzt einverstanden, Cannabis zu verschreiben, muss er ein BtM-Rezept ausstellen, die gewünschte Sorte und Menge eintragen und abstempeln. Leider endet hier der Weg für viele Patienten, da die meisten „normalen“ Ärzte eine Behandlung mit Cannabis oft ablehnen. (Eine Liste von etwas „unnormaleren“ Ärzten folgt weiter unten im Artikel, also bleibt dran!)

Für viele Patienten Realität: Da Cannabis als Medikament neu auf dem Markt ist und von vielen immer noch als Droge eingestuft wird, lehnen viele Ärzte eine Behandlung mit Cannabis, teils völlig unbegründet, ab.

Da die Krankenkasse die Kosten für eine Cannabistherapie in den meisten Fällen nicht übernimmt, wird das Rezept als sogenanntes “Privatrezept” ausgestellt. Die Kosten für das auf dem Rezept stehende Cannabis müssen komplett selbst getragen werden und sind spätestens beim Einlösen des Rezeptes in der Apotheke fällig. Es ist jedoch zu beachten, dass es momentan Bestrebungen gibt, die Kosten für eine Cannabistherapie von der Krankenkasse übernehmen zu lassen. Dies würde vielen Patienten, die auf Cannabis als Medikament angewiesen sind, eine enorme finanzielle Entlastung bringen.

Zusätzlich gäbe es noch die Möglichkeit, Cannabis mit einer Genehmigung selbst anzubauen. Dies ist jedoch nur in Ausnahmefällen und unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt und muss von den zuständigen Behörden genehmigt werden. Dieser Weg ist mit einigen bürokratischen Hürden verbunden und dementsprechend kompliziert. Aktuell gibt es in Deutschland daher keinen einzigen Patienten, der sein medizinisches Cannabis selbst anbauen darf.

Theorie vs. Arztpraxis

Theoretisch dürfen Ärzte Cannabis verschreiben, sobald es halbwegs sinnvoll erscheint. Allerdings gibt es in der Praxis ein paar Dinge zu beachten, um Zugang zu medizinischem Cannabis zu erhalten.

Zunächst muss man einen Arzt finden, der bereit ist, Cannabis als Medikament zu verschreiben. Wann dies sinnvoll ist, definiert jeder Arzt unterschiedlich. Für manche Mediziner reichen leichte Schlafprobleme, für andere Ärzte sind selbst schwere Krankheiten mit heftigen Verläufen kein Grund, von gängiger Medikation abzuweichen und so etwas Verrücktes wie Cannabis zu verschreiben. Es ist also wichtig, dass Patienten sich über diejenigen Ärzte informieren, die bereit sind, Cannabis zu verschreiben. Möglicherweise müssen mehrere Ärzte aufgesucht werden, um die Chancen auf eine Cannabis-Therapie zu erhöhen.

Viele Ärtze wollen kein Cannabis verschreiben.
Abb. 2: “Cannabis? Nein, Drogen verschreibe ich garantiert nicht!” – Und jetzt? In Deutschland kann man den Arzt einfach wechseln, wenn man mit der Behandlung nicht zufrieden ist.

Doch selbst wenn ein Arzt bereit ist, Cannabis zu verschreiben, gibt es noch einen Dämpfer: Die Krankenkassen sind oft nicht bereit, die Kosten für medizinisches Cannabis zu übernehmen. Im Klartext bedeutet das, dass Patienten es selbst bezahlen müssen. Dies kann für viele Patienten eine finanzielle Belastung darstellen, insbesondere für diejenigen, die schwer krank sind und regelmäßig Cannabis benötigen. Es gibt jedoch einige Krankenkassen, die die Kosten für medizinisches Cannabis übernehmen. Es kann sich lohnen, gegebenenfalls die Krankenkasse zu wechseln. Hierbei spielt jedoch auch die Erkrankung eine Rolle: Krankenkassen übernehmen normalerweise nur dann die Kosten, wenn es echte Studien gibt, die einen Beweis für die Wirkung von Cannabinoiden bei diesem bestimmten Krankheitsbild erbracht haben.

Darüber hinaus sollten Patienten, die medizinisches Cannabis verwenden, sich auch über die verschiedenen Sorten und Dosierungen informieren, um die bestmögliche Behandlung zu erhalten. Es gibt eine Vielzahl von Cannabis-Sorten mit unterschiedlichen Wirkstoffgehalten und -zusammensetzungen, die für verschiedene Krankheiten und Symptome geeignet sein können. Als Patient sollte man sich von einem Arzt oder einem erfahrenen Cannabisspezialisten beraten lassen, um die richtige Sorte und Dosierung zu finden.

Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Verwendung von medizinischem Cannabis ist die Art und Weise der Einnahme. Cannabis kann auf verschiedene Arten eingenommen werden, einschließlich Rauchen, Verdampfen, Essen und in Form von Ölen und Extrakten. Jede Methode hat ihre eigenen Vor- und Nachteile und kann je nach Patient unterschiedlich wirksam sein.

Insgesamt gibt es hinsichtlich Medizinalcannabis viele Faktoren zu berücksichtigen. Obwohl die Theorie es Ärzten erlaubt, Cannabis zu verschreiben, gibt es in der Praxis viele Hürden zu überwinden.

Dazu zählen:

  • die Suche nach einem Arzt
  • die Bereitschaft der Krankenkassen, die Kosten zu übernehmen,
  • die Auswahl der richtigen Sorte und Dosierung
  • die Wahl der besten Einnahmemethode.

Der richtige Arzt

Den “richtigen” Arzt zu finden ist gar nicht so schwer, wie man denkt: Als Patient darf man sich in Deutschland glücklicherweise aussuchen, von wem man behandelt wird. Lehnt ein Arzt die Behandlung mit Cannabis ab, kann man einfach den Arzt wechseln… bis man sich angemessen behandelt fühlt!

Teilweise werben Ärzte sogar damit, dass sie dem Thema Cannabis sehr positiv gegenüberstehen und die medizinischen Vorteile zu schätzen wissen. Andere Ärzte werben zwar nicht offen damit, haben sich aber in der Szene bereits einen Namen gemacht, da sie Cannabis gerne verschreiben.

Eine ganze Liste von typischen Ärzten findet man beispielsweise HIER, es sind aber bei weitem nicht alle Ärzte aufgelistet. Viele Ärzte bieten auch einen Online-Service an: Da Telemedizin (also die Behandlung per Webcam oder Telefon) in Deutschland als legal gilt, ist dies für viele Patienten sogar die einfachste Variante. Typische Telemedizin-Anbieter sind Dr.Ansay.com, Nowomed oder Algea Care. Alle uns bekannten Anbieter haben wir in diesem Artikel zum Thema verlinkt.

Telemediziner verschreiben oft Cannabis.
Abb. 3: Die sogenannte Telemedizin, also die Behandlung am Telefon oder per Webcam, erleichtert es Patienten, einen geeigneten, von Cannabis überzeugten Arzt zu finden: Die Auswahl ist groß!

Die meisten Ärzte, egal ob Telemedizin oder nicht, verlangen eine Diagnose eines anderen Arztes, um später nicht dem Vorwurf ausgesetzt zu sein, eine für die Behandlung mit Cannabis passende Diagnose gestellt zu haben. Tatsächlich dürfen Ärzte aber bei jeder Diagnose Cannabis verschreiben – egal, ob Schlafprobleme, ADHS oder Migräne.

Fakt ist: Die Ärzte WOLLEN Cannabis verschreiben. Sie müssen sich nur selbst an gewisse Rahmenbedingungen halten.

Der typische Weg zum Cannabisrezept beginnt also meistens beim eigenen Hausarzt. Hier lässt man sich eine Diagnose erstellen (beispielsweise für Schlafprobleme, chronische Schmerzen usw.) und geht mit dieser Diagnose dann zu einem der von uns empfohlenen Ärzte. Die Ärzte informieren dann, ob Cannabis bei dieser Diagnose sinnvoll ist oder, wie man weiter vorgehen sollte.

Probleme trotz Verschreibung

Teilweise gibt es auch Probleme mit der Verfügbarkeit von medizinischem Cannabis . Die Nachfrage nach Cannabis als Medikament steigt stetig an und es gibt, speziell bei bestimmten Sorten, leider immer noch Versorgungsengpässe. Dies kann dazu führen, dass Patienten ihre gewünschte Sorte nicht erhalten oder auf andere Sorten umsteigen müssen, was für einige Patienten nicht möglich oder nicht wünschenswert ist.

Ein langer Weg, der sich lohnt: Legales Cannabis aus der Apotheke
Abb. 4: Geschafft! Auch wenn der Prozess nicht ganz einfach ist: Am Ende darf man endlich legal Cannabis konsumieren!

Eine weitere Herausforderung ist die Begleitung von Patienten, die medizinisches Cannabis verwenden. Cannabis ist ein komplexes Medikament mit vielen verschiedenen Wirkstoffen und potenziellen Nebenwirkungen. Es ist wichtig, dass Patienten, die noch keine Erfahrung mit Cannabishaben, von einem erfahrenen Arzt oder einem Experten für Cannabisblüten begleitet werden. Fachpersonen kennen möglichen Wirkungen und Nebenwirkungen und sind dazu in der Lage, Dosierung und Art der Anwendung anzupassen.


Liebe Patient*innen und Ärzt*innen, verehrte Konsument*innen,

Schon gewusst? Über die Hälfte der Cannabispatienten sind weiblich! Und trotzdem haben wir in unseren Texten bewusst darauf verzichtet, gegenderte Formen zu verwenden, um die Lesbarkeit dieses Textes zu verbessern. Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass wir keine Befürworter der Gleichstellung aller Geschlechter sind. Auch wenn wir nicht jedes Geschlecht einzeln ansprechen: Wir denken an alle!