Wir sind alle mal freudlos, traurig oder erleben ein Gefühl der inneren Leere. Wenn diese Gefühle jedoch lange andauern und weitere Symptome hinzukommen, kann eine ernsthafte Depression dahinterstecken. Ob medizinisches Cannabis unterstützend helfen kann?
Welche Formen von Depressionen gibt es?
Depression ist nicht gleich Depression. Vielmehr wird zwischen verschiedenen Formen unterschieden. Dabei ist die Major Depression (unipolare Depression) die am häufigsten diagnostizierte Form, bei der sich die Symptome über Wochen oder auch Monate erstrecken können. Treten abwechselnd Episoden von Depression und Manie auf, sprechen Mediziner hingegen von einer bipolaren Störung (manisch-depressive Störung).
Eine eher selten vorkommende Art der Depression ist die atypische Verlaufsform, bei der die Symptome ungewöhnlich (atypisch) sind. Statt über Schlaf- oder Appetitlosigkeit kommt es vielmehr zu einem erhöhten Schlafbedürfnis und gesteigerten Appetit.
Als Reaktion auf bestimmte Lebensereignisse oder traumatische Erfahrungen, wie zum Beispiel den Verlust eines geliebten Menschen oder eine schwere Krankheit, kann sich eine sogenannte reaktive Depression entwickeln.
Weit verbreitet ist auch die Herbst-Winter-Depression (Seasonal Affective Disorder – SAD). Dabei tritt der „Winterblues“ im Herbst und Winter auf, wenn die Tage kürzer werden und die Sonne kaum scheint. Im Frühling oder Sommer klingen die Symptome dann automatisch wieder ab.
Welche Symptome löst eine Depression aus?
Die Depression ist eine ernsthafte psychische Störung, die eine Vielzahl von Symptomen verursachen kann, die das tägliche Leben stark beeinflussen können. Nicht alle Betroffenen, die unter Depressionen leiden, erleben auch die gleichen Beschwerden. Zudem kann die Schwere der Symptome variieren.
Kennzeichnend für eine Depression sind Symptome wie eine anhaltende Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Gleichgültigkeit, Reizbarkeit oder Gereiztheit bei Kleinigkeiten, vermindertes Interesse an sozialen Kontakten und Freizeitaktivitäten. Oftmals wird auch das Gefühl der Wertlosigkeit oder Schuldgefühle verspürt. In schweren Fällen haben Betroffene auch Suizidgedanken, sodass die Aufnahme in einer Psychiatrie notwendig ist.
Darüber hinaus zeigen Personen mit Depressionen im Alltag häufig eine Konzentrationsschwäche, Leistungsabfall und manchmal innere Unruhe. Dabei kann die Leistungsfähigkeit so eingeschränkt sein, dass sogar die eigene Hygiene und alltägliche Haushaltsaufgaben vernachlässigt werden. Zudem können sich Angstzustände, Versagensängste aufdrängen und die Zukunft wird stets negativ betrachtet.
Körperlich macht sich die Depression ebenfalls bemerkbar. Nicht selten berichten wird über Schlafstörungen, Müdigkeit und Energiemangel, Appetitverlust und Gewichtsveränderungen, Kopfschmerzen, Magen- und Darmprobleme oder Muskelschmerzen berichtet.
Was sind die Ursachen einer Depression?
Eine Depression kann durch eine Vielzahl von Faktoren ausgelöst werden, die meist miteinander verflochten sind. Derartige Faktoren sind zum Beispiel eine genetische Veranlagung, neurochemische Ungleichgewichte im Gehirn, Hormonstörungen, traumatische Lebensereignisse, chronischer Stress oder bestimmte Persönlichkeitsmerkmale.
Darüber hinaus können soziale und ökologische Faktoren wie soziale Isolation, finanzielle Probleme, Arbeitslosigkeit oder eine unzureichende soziale Unterstützung eine Rolle spielen. Ursache kann zudem eine schwere Erkrankungen wie Krebs sein.
Was passiert im Gehirn während einer Depression?
Die Frage, was im Gehirn und im Körper bei depressiven Patienten passiert, ist ein häufiger Gegenstand von Studien. Bislang konnte Folgendes beobachtet werden:
- Neurotransmitterungleichgewicht: Neurotransmitter sind chemische Botenstoffe, die die Kommunikation zwischen Nervenzellen regulieren. Bei Depressionen kann es zu einem Ungleichgewicht bestimmter Neurotransmitter kommen, insbesondere von Serotonin, Noradrenalin und Dopamin. Diese Ungleichgewichte können die Stimmung, den Schlaf, den Appetit und andere Funktionen beeinträchtigen.
- Veränderte Gehirnstruktur und -funktion: Bildgebende Verfahren haben gezeigt, dass Menschen mit Depressionen Veränderungen in der Gehirnstruktur aufweisen können, insbesondere im präfrontalen Cortex, im Hippocampus und im limbischen System. Diese Bereiche sind für die Regulation der Emotionen, das Gedächtnis und andere kognitive Funktionen wichtig. Dabei kann die Funktionsweise dieser Gehirnregionen ebenfalls beeinträchtigt sein, was zu den Symptomen einer Depression beiträgt.
- Entzündungsreaktionen: Es gibt Hinweise darauf, dass Entzündungen im Körper eine Rolle bei der Entstehung von Depressionen spielen können. Bei einigen Menschen mit Depressionen wurden erhöhte Entzündungsmarker gefunden. Insofern könnten Entzündungen die Gehirnfunktion beeinträchtigen und das Risiko für Depressionen erhöhen.
- Genetische Faktoren: Es gibt Hinweise darauf, dass genetische Faktoren eine Rolle bei der Anfälligkeit für Depressionen spielen können. Bestimmte genetische Varianten können das Risiko für Depressionen erhöhen, indem sie die Neurotransmitterfunktion, die Stressreaktion des Körpers und andere biologische Prozesse beeinflussen.
- Stressreaktion: Chronischer Stress kann das Risiko für Depressionen erhöhen und Veränderungen im Gehirn verursachen. Stresshormone wie Cortisol beeinträchtigen die Neurotransmitterregulation sowie die Neurogenese (Bildung neuer Nervenzellen), was zur Entstehung von Depressionen beitragen kann.
Wichtig ist zu beachten, dass nicht alle Menschen mit denselben neurobiologischen Veränderungen eine Depression entwickeln, und dass nicht alle Depressionen auf die gleiche Weise entstehen.
Behandlung von Depressionen
Psychische Erkrankungen bedürfen immer einer Behandlung durch einen Facharzt wie einem Psychiater, Psychologen oder Neurologen. Dabei sollte die Therapie von Depressionen auf die spezifischen Bedürfnisse und Umstände jedes Einzelnen zugeschnitten werden. In der Regel kombiniert eine erfolgreiche Behandlung verschiedene Ansätze.
Ein zentraler Bestandteil bei depressiven Störungen ist die psychotherapeutische Therapie. So kann beispielsweise die kognitive Verhaltenstherapie dabei helfen, negative Denkmuster und Verhaltensweisen zu identifizieren und neue Strategien zu entwickeln. Auch eine Psychotherapie kann sinnvoll sein, da diese beispielsweise bei der Verarbeitung traumatische Erlebnisse Unterstützung bieten kann.
Medikamente wie Antidepressiva können unterstützend eingesetzt werden, vor allem in einer schweren Episode. Ganz unproblematisch sind Antidepressiva jedoch nicht. Denn ihre Wirksamkeit ist bis heute nicht eindeutig belegt. Hinzu kommt, dass diese Medikamente unangenehme Nebenwirkungen verursachen können, was Betroffene zusätzlich belastet. Deshalb sollte stets eine Therapie im Vordergrund stehen.
Mittel der ersten Wahl sind meist Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI), die zur Klasse der Antidepressiva gehören, und die Menge des Botenstoffes Serotonin im Gehirn erhöhen. Zu diesen Medikamenten gehören zum Beispiel Sertralin, Paroxetin, Fluoxetin, Citalopram und Escitalopram. Die potenzielle Wirkung dieser Medikamente setzt jedoch nicht sofort ein, sondern erst nach vier bis sechs Wochen. Hinzu kommt, dass das Risiko für Nebenwirkungen wie bei allen Medikamenten hoch ist. Mögliche Nebenwirkungen können sich unter anderem in Form von Magen-Darm-Problemen, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Gewichtszunahme und sexuellen Funktionsstörungen auftreten.
Weitere Behandlungsmöglichkeiten bei Depressionen
Darüber hinaus können unterstützende Maßnahmen wie regelmäßige körperliche Aktivität, eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Schlaf einen positiven Einfluss auf die Stimmung haben und die Wirksamkeit der Behandlung verbessern. Auch der Aufbau eines starken sozialen Netzwerks und die Teilnahme an Selbsthilfegruppen können können positive Auswirkungen auf Depressionen haben.
Darüber hinaus können viele Betroffene von Stressbewältigungstechniken, Entspannungsübungen und Achtsamkeitspraktiken profitieren, vor allem um die Resilienz gegenüber belastenden Ereignissen zu stärken.
Schließlich sind die kontinuierliche Überwachung und Anpassung der Behandlungen entscheidend. Dies bedeutet, regelmäßige Gespräche mit Therapeuten und Ärzten zu führen, um den Fortschritt zu bewerten, eventuelle Probleme anzusprechen und die Therapie entsprechend anzupassen. Da Depressionen einen chronischen Verlauf annehmen können, ist es wichtig, dass die Behandlungen langfristig aufrechterhalten werden, auch wenn Beschwerden vorübergehend abklingen.
Zusammenhang zwischen dem Endocannabinoid-System und Depressionen
Die zum Endocannabinoid-System (ECS) gehörenden Cannabinoid-Rezeptoren und ihre endogenen Liganden (Endocannabinoide) lassen sich in verschiedenen Hirnarealen nachweisen. Untersuchungen deuten darauf hin, dass die endogene Cannabinoid-Signalübertragung bei der Entstehung von Angst und Depression beteiligt sein könnte. So war bei Frauen mit einer schweren Major Depression die Konzentration des Endocannabinoids 2-Arachidonoylglycerol (2-AG) signifikant niedriger als bei den entsprechenden Kontrollpersonen ohne depressive Erkrankung.[1]
Diese und weitere Daten deuten darauf hin, dass Personen mit Depressionen ein verändertes ECS oder sogar einen Endocannabinoidmangel haben könnten. Es ist jedoch unklar, ob dies der Entwicklung einer Depression vorausgeht oder folgt.
Eine bedeutende Rolle scheint zudem der Cannabinoid-Rezeptor 1 (CB1) zu spielen, der sich vor allem in verschiedenen Gehirnbereichen befindet. Bezüglich der Aktivierung oder Blockade dieser Rezeptoren gibt es jedoch widersprüchliche Ergebnisse. Denn in einer Studie zeigte sich, dass sowohl das Aktivieren also auch das Blockieren der CB1-Rezeptoren eine potenzielle antidepressive Wirkung hervorrufen kann.[2]
Studien zur Cannabinoid-Therapie bei Depressionen
Es wird angenommen, dass zwischen dem Wirkstoff Cannabidiol (CBD) und dem 5-HT1A-Rezeptor Wechselwirkungen existieren. Dieser Rezeptor gehört zum serotonergen System, weshalb er auch als Serotonin-Rezeptor bezeichnet wird. Dabei ist Serotonin (5-HAT) ein wichtiger Botenstoff, der unter anderem Einfluss auf die Stimmung, den Schlaf-wach-Rhythmus und die Schmerzwahrnehmung hat.
In einer Studie an Tieren zeigte die Verabreichung von CBD antidepressivumähnliche Effekte. Dieser Wirkmechanismus könnte darauf zurückgeführt werden, dass CBD die 5-HT1A-Rezeptoren aktiviert und gleichzeitig den Endocannabinoidspiegel moduliert sowie die CB1-Rezeptoren aktiviert.[3]
Es ist seit vielen Jahren bekannt, dass zu wenig Serotonin im Gehirn zu Depressionen führen kann. In niedrigen Dosen kann Tetrahydrocannabinol (THC) den Serotoninspiegel erhöhen. Das konnten Forscher in einer Tierstudie zeigen.[4] Höhere Dosen THC kehrten diesen Effekt jedoch um, der Serotoninspiegel im Gehirn sank.
Zusammenfassung: Cannabis gegen Depressionen
Die Depression ist eine ernsthafte psychische Erkrankung, die in erster Linie psychotherapeutisch behandelt werden sollte. Medikamente können allenfalls als Unterstützung zum Einsatz kommen, die Erkrankung aber weder heilen noch die Ursachen beheben.
Die Zusammenhänge zwischen dem ECS und einer Depression sowie auch die Wirkungsmechanismen der Cannabinoide CBD und THC sind äußerst komplex und noch nicht vollständig geklärt. Aktuell gibt es zu wenige Ergebnisse aus randomisierten kontrollierten Studien, die eine Wirksamkeit eindeutig belegen. Ob bei schweren therapieresistenten Depressionen medizinisches Cannabis zur Anwendung kommen soll, muss letztendlich von einem Facharzt entschieden werden.
Es darf hier auch nicht vergessen werden, dass der Konsum von Cannabis die Symptomatik unter Umständen verstärken kann. Wir raten deshalb dringend von einer Selbstmedikation mit Cannabis ab!
Die Inhalte dieses Artikels sind ausschließlich zu Informationszwecken bestimmt und stellen weder eine Beratung noch eine Anwendungsempfehlung für Medikamente, Cannabis oder andere Produkte dar. Auch dienen die Inhalte nicht zur Erstellung einer eigenständigen Diagnose oder Auswahl einer Behandlungsmethode. Für Schäden oder Ähnliches, die durch die Nutzung der Inhalte entstehen, kann Greensby weder direkt noch indirekt haftbar bzw. zur Verantwortung gezogen werden. Wir empfehlen grundsätzlich, das Gespräch mit einem Arzt zu suchen.
FAQs
Was sind die Anzeichen einer Depression?
Im Laufe des Lebens erleben wir alle mal Phasen mit Freudlosigkeit und Traurigkeit. Von einer Depression wird gesprochen, wenn eine Person über einen längeren Zeitraum hinweg anhaltend niedergeschlagen ist und unter einer Vielzahl von Symptomen leidet, die das emotionale, körperliche und soziale Wohlbefinden beeinträchtigen. Die Hauptmerkmale sind tiefe Traurigkeit oder Leere, Interessenverlust und Freudlosigkeit.
Ist Cannabis bei Depressionen gut?
Grundsätzlich gehört die Behandlung von Depressionen in die Hände eines Facharztes. Die Psychotherapie steht hier an erster Stelle. Cannabis kann stimmungsaufhellend wirken, jedoch auch depressive Verstimmungen verstärken, weshalb hier Vorsicht geboten ist und grundsätzlich vom Cannabiskonsum abgeraten wird.
Wie wirkt sich Cannabis auf Depressionen aus?
Beim Cannabiskonsum bestehen erhebliche Risiken, dass sich depressive Störungen verschlimmern. Zwar gibt es Untersuchungen, die nahelegen, dass Cannabis unter Umständen auch stimmungsaufhellend wirken kann, ausreichende Belege gibt es dafür jedoch nicht.
Ist Cannabis ein Antidepressivum?
Es gibt nur wenige Studien, die marginale Hinweise darauf liefern, dass Cannabis Antidepressivum-ähnliche Wirkungen entfalten kann. Problematisch ist auch, dass der Cannabiskonsum depressive Symptome verschlimmern kann.
Welcher Arzt verschreibt Cannabis bei Depressionen?
Jeder Arzt, ausgenommen Tierärzte, dürfen Medizinalcannabis verordnen. Ob die Verordnung von Cannabis bei einer Depression sinnvoll bzw. erfolgsversprechend ist, sollte mit einem Arzt abgeklärt werden, der sich auf diese Thematik spezialisiert hat.
Quellen
[1] Hill MN, Miller GE, Ho WS et. al, Serum endocannabinoid content is altered in females with depressive disorders: a preliminary report. Pharmacopsychiatry. 2008 Mar;41(2):48-53. doi: 10.1055/s-2007-993211. PMID: 18311684; PMCID: PMC3422568, Download vom 28.3.2024 von https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18311684/
[2] Witkin JM, Tzavara ET, Davis RJ, Li X, Nomikos GG. A therapeutic role for cannabinoid CB1 receptor antagonists in major depressive disorders. Trends Pharmacol Sci. 2005 Dec;26(12):609-17. doi: 10.1016/j.tips.2005.10.006. Epub 2005 Nov 2. PMID: 16260047, Download vom 28.3.2024 von https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16260047/
[3] Sartim AG, Guimarães FS, Joca SR. Antidepressant-like effect of cannabidiol injection into the ventral medial prefrontal cortex-Possible involvement of 5-HT1A and CB1 receptors. Behav Brain Res. 2016 Apr 15;303:218-27. doi: 10.1016/j.bbr.2016.01.033. Epub 2016 Jan 20. PMID: 26801828, Download vom 28.3.2024 von https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26801828/
[4] McGill University. „Cannabis: Potent Anti-depressant In Low Doses, Worsens Depression At High Doses.“ ScienceDaily. ScienceDaily, 24 October 2007, Download vom 28.3.2024 von https://www.sciencedaily.com/releases/2007/10/071023183937.htm