Cannabis (lateinischer Begriff für Hanf) gehört zur Familie der Hanfgewächse (Cannabaceae) und ist eine zweihäusige Pflanze. Das bedeutet, dass es sowohl weibliche als auch männliche Cannabispflanzen gibt. Damit gehört sie zu einer Artenminderheit, da die meisten Pflanzen einhäusig sind und sowohl Staubblätter (männliche Fortpflanzungsorgane) als auch Fruchtblätter (weibliche Fortpflanzungsorgane) besitzen.

Ob es sich um eine weibliche oder männliche Pflanze handelt, zeigt sich erst in der Blütephase. Denn dann bilden die „Männchen“, die auch als Femel oder Mastel bezeichnet werden, die Pollensäcke. Hingegen entwickeln die „Weibchen“ die begehrten Blüten. Da die Cannabispflanze eine Besonderheit ist, kann sie durch umweltbedingte oder genetische Faktoren sogar männliche und weibliche Fortpflanzungsorgane entwickeln und werden dann Hermaphroditen (Zwitter) genannt und besitzen die Fähigkeit, sich selbst zu bestäuben.

Wie erfolgt die Bestäubung?

Die Bestäubung der Hanfpflanzen erfolgt durch den Wind, also ohne die Unterstützung von Insekten. Dies geschieht folgendermaßen: Die männlichen Pflanzen entwickeln an den Blattachseln kleine Pollensäcke. Sobald diese reif sind, platzen sie auf und die Pollen gelangen in die Luft. Der Wind trägt die Pollen dann zu den weiblichen Pflanzen. Dabei sind die Hanfpollen so leicht, dass sie mehrere Kilometer weit getragen werden können.

Männliche und weibliche Pflanzen – Unterschiede im Aussehen

Zwischen den weiblichen und männlichen Pflanzen gibt es in puncto Aussehen den einen oder anderen Unterschied. So entwickeln männliche Pflanzen kleine, traubenförmige Blütenstände (Pollensäcke) an den Knoten (Nodien) entlang der Stängel. In der Regel sind diese Blüten eher unscheinbar und weisen eine blassgrüne Farbe auf. Zudem wachsen männliche Pflanzen meist größer und schlanker als weibliche Pflanzen, mit einem längeren Stamm und weniger verzweigten Ästen. Denn diese Struktur hilft den Pollen, sich möglichst weit zu verbreiten. Auch sind die Blätter beim männlichen Geschlecht etwas weniger dicht angeordnet als bei den weiblichen Exemplaren.

Weibliche Pflanzen entwickeln an den Knoten verdickte Blütenstände (Buds) und die Cannabisblüten tragen weiße bis gelbliche Blütenfäden (Pistillen), die die Pollen auffangen. Bei unbefruchteten Blüten bilden sich hingegen die begehrten trichomreichen, harzigen Buds. Zudem haben weibliche Pflanzen ein buschigeres Erscheinungsbild mit mehr Verzweigungen, um möglichst viele Blütenstände auszubilden. Hier fördert das kompakte Wachstum eine höhere Blütenproduktion.

Cannabis Sativa, Indica und Ruderalis – was ist der Unterschied?

Seit Langem wird zwischen den Cannabissorten Sativa, Indica und Ruderalis bezüglich des Herkunftslandes, des Aussehens und der Wirkung unterschieden:

  • Cannabis Sativa (Herkunft: Mexiko, Thailand, Kolumbien, Jamaika etc.) hat eine Wuchshöhe zwischen 2 bis 3 Metern und im Freien bis zu 5 Meter. Die Wuchsform ist lang und dünn mit großen schmalen Blättern. Wirkung: belebend, erhebend, zerebrales Kopf-High.
  • Cannabis Indica (Herkunft: Marokko, Indien, Pakistan etc.) wird bis zu 1,20 Meter hoch und wächst buschig sowie dicht verzweigt mit dicken und breiten Blättern. Wirkung: entspannendes Körper-High.
  • Cannabis Ruderalis wächst vorwiegend in Russland, Aserbaidschan, Kasachstan etc. und erreicht eine Höhe von 1 bis 2 Metern. Die Wuchsform ist dünn und unverzweigt und es bilden sich nur wenige Blätter. Da der THC-Gehalt sehr gering ist, entfaltet die Cannabis-Sorte eine ähnliche Wirkung wie Cannabis Indica.

Die Einteilung dieser Cannabis-Sorten gilt inzwischen jedoch als überholt. Während die unterschiedliche Optik vor allem auf die jeweilige Anbauart und die Züchtung zurückgeführt wird, zeigen neue Studien, dass die Wirkung nicht von der Beschreibung Sativa, Indica und Ruderalis abhängt, sondern vielmehr von individuellen THC- und CBD-Gehalt sowie der Zusammensetzung der Terpene.[1]

Cannabis vs. Nutzhanf

Cannabis und Nutzhanf gehören zwar zur selben Pflanzenart Cannabis Sativa, unterscheiden sich aber durch ihre Nutzung, den Anbau sowie den Anteil an psychoaktiven Substanzen. Obwohl Cannabis der lateinische Begriff für Hanf ist, werden die beiden Begriffe für unterschiedliche Zwecke genutzt.

Umgangssprachlich wird der Begriff Cannabis für Pflanzen verwendet, die einen hohen Anteil des berauschend wirkenden Cannabinoids Tetrahydrocannabinol (THC) haben. Die Nutzung erfolgt als Rauschmittel oder als Medizin.

Die Hanfpflanze weist hingegen nur sehr geringe Spuren des Cannabinoids THC auf. Der Anteil liegt in der Regel unter 0,3 Prozent. Diese Konzentration ist so niedrig, dass kein berauschender Effekt eintritt, sodass die Nutzpflanze für industrielle Zwecke zugelassen ist. Aus ihm lassen sich zum Beispiel Fasern, Samen und Öl gewinnen, die zur Herstellung von Textilien (z. B. Produkte wie Kleidung oder Hanfseile), Papier, Baumaterialien, Lebensmitteln und Kosmetika verwendet werden. Dabei sind Hanfsamen und -öl sehr nährstoffreich, da sie wertvolle Omega-Fettsäuren sowie Proteine enthalten.

Der Hanfanbau (Industriehanf) erfolgt im Freien und auf großen Feldern. Sie wachsen etwa zwei bis vier Meter hoch und entwickeln weniger Harz und Hanfblüten, da hier hauptsächlich die Fasern und Samen benötigt werden.

Inhaltsstoffe der Cannabispflanze

Die wichtigsten Inhaltsstoffe der weiblichen Cannabispflanzen sind die Cannabinoide, bzw. liegen sie in den Pflanzen als Cannabinoidsäuren vor und sind die Vorstufen der aktiven Cannabinoide. Hauptsächlich werden die Cannabinoidsäuren in den Cannabisblüten gebildet und werden auch als „saure“ Formen der Cannabinoide bezeichnet, da sie eine zusätzliche Carboxylgruppe (-COOH) enthalten. Diese Säuren werden erst durch Erhitzung oder längeres Lagern zu den bekannteren Cannabinoiden. Bekannteste Vertreter sind Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Insgesamt können Cannabispflanzen jedoch mehr als 100 Cannabinoide bilden, die alle unterschiedliche Eigenschaften aufweisen können.

Zweitwichtigste Inhaltsstoffe sind die Terpene, die aromatische Verbindungen, die in den Harzdrüsen (Trichomen) der Cannabispflanze produziert werden. Diese sind nicht nur für den charakteristischen Geruch und Geschmack der verschiedenen Cannabissorten verantwortlich, sondern können auch therapeutische Wirkungen entfalten sowie das Erlebnis und die Wirkung von Cannabis beeinflussen. Zu den wichtigsten Cannabis-Terpenen gehören beispielsweise Myrcen, Limonen, Linalool und Humulen.

Darüber hinaus enthält Cannabis auch Flavonoide, eine Gruppe von chemischen Verbindungen in der Pflanze, die vor allem zur Vielfalt der Farbe und auch dem Geschmack beitragen. Dabei kommen einige Flavonoide nur in Cannabis vor und werden als Cannaflavine bezeichnet.

Auf dem Bild sind viele eng aneinander stehende Cannabispflanzen in Orange zu sehen. Hier geht es um die Züchtung von Cannabis.
Abb. 1: Züchtung von Cannabispflanzen.

Genetik: Wie sind die zahlreichen Cannabissorten entstanden?

Die Vielfalt an Cannabis-Arten ist das Ergebnis einer langen Geschichte der Anpassungen, Züchtungen und Hybridisierung. Diese Variationen sind einerseits auf die natürliche Selektion und andererseits auf die gezielten Züchtungen durch den Menschen zurückzuführen. Ursprünglich passten sich verschiedene Cannabis-Sorten den Klimabedingungen, Böden und Umgebungen ihrer jeweiligen Anbauregionen an. Diese Anpassungen betrafen verschiedene Aspekte wie Blattform, Blütezeit und chemische Zusammensetzung. So entwickelten sich bestimmte Eigenschaften, die beispielsweise bei extremen Temperaturen oder geringen Wassermengen vorteilhaft waren.

In den letzten Jahrhunderten hat die selektive Zucht durch den Menschen jedoch neue Kreuzungen hervorgebracht, die unterschiedliche Wirkungen und Anbau-Eigenschaften aufweisen. Dabei konzentrierten sich die Züchter vor allem auf die Ertragssteigerung durch robustere Pflanzen, die schneller und oft mit höheren Blütenerträgen wachsen sowie die Anpassung der Blütezeit, insbesondere durch die Autoflowering-Eigenschaft von Ruderalis, sodass Pflanzen unabhängig vom Lichtzyklus blühen.

Die heutigen Cannabissorten können oft nicht mehr eindeutig als Cannabis Sativa oder Indica klassifiziert werden, da die meisten Sorten Hybriden sind. Dabei hat die Hybridisierung eine enorme Sortenvielfalt mit unterschiedlichen Terpen- und Cannabinoidprofilen. 

Cannabispflanze – kurzer Rückblick in die Geschichte

Über die Geschichte der Cannabispflanze lassen sich mehrere Bücher schreiben, weshalb wir hier nur einen kurzen Überblick geben.

Ursprünglich stammt die Hanfpflanze aus Zentralasien, zumindest wird dies angenommen. Genetische und archäologische Hinweise deuten darauf hin, dass ihre ersten Vorkommen wahrscheinlich im Gebiet der heutigen Mongolei und Südsibiriens vor etwa 10.000 bis 12.000 Jahren zu finden sind.

Mit dem Aufkommen der Landwirtschaft und der Ausweitung von Handelsrouten verbreitete sich Hanf allmählich nach Westen und Osten: von Zentralasien nach Europa, Afrika und später nach Nord- und Südamerika.

Frühe Zivilisationen in China und Indien nutzten Hanf bereits vor Tausenden von Jahren für verschiedene Zwecke, einschließlich Textilien, Seilen, Papier und Medizin. Dabei wird in China seit mindestens 6.000 v. Chr. Hanf angebaut, wobei sowohl ihre Fasern für Kleidung und Schnüre als auch ihre Samen und Öle als Nahrungsmittel und Heilmittel geschätzt wurden.

In Indien, wo Hanf ebenfalls seit Jahrtausenden kultiviert wird, fand Cannabis unter dem Namen „Bhang“ in spirituellen und medizinischen Anwendungen Verwendung. Über die Seidenstraße und andere Handelswege gelangte Hanf nach Europa, wo er insbesondere in der Schifffahrt wegen seiner reißfesten Fasern zur Herstellung von Segeln und Seilen geschätzt wurde.

Zusammengefasst hat die Hanfpflanze eine reiche und weitverzweigte Geschichte, die bis in die Anfänge der Landwirtschaft zurückreicht. Durch ihre vielseitigen Anwendungen verbreitete sie sich weltweit und nahm in vielen Kulturen eine wichtige Rolle ein.

Informationen zu Cannabis als Medizin und mögliche Einsatzgebiete sind hier zu finden.

Quellen

[1] Sawler J, Stout JM, Gardner KM, Hudson D et. al, The Genetic Structure of Marijuana and Hemp. PLoS One. 2015 Aug 26;10(8):e0133292. doi: 10.1371/journal.pone.0133292. PMID: 26308334; PMCID: PMC4550350, Download vom 05.11.2024 von https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC4550350/