Das FMS (Faser-Muskel-Schmerz) wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) lange Zeit dem Weichteilrheuma zugeordnet. Es erfolgte dann eine Neueinteilung und die Erkrankung wurde dem chronischen primären Schmerzsyndromen zugeordnet.
Die Diagnose von Fibromyalgie bleibt oft eine Herausforderung aufgrund der Vielzahl von Symptomen. Oftmals lässt sich die Diagnose erst dann stellen, wenn andere infrage kommende Ursachen und Erkrankungen ausgeschlossen werden können. Genauso schwierig gestaltet sich auch die Behandlung, die in vielen Fällen keine ausreichende Linderung der Beschwerden erreicht.
Hier kommst Du zu dem Ratgeber, wie Du Cannabis auf Rezept bei Fibromyalgie bekommst.
Was kann das Fibromyalgie-Syndrom verursachen?
Die genauen Ursachen des FMS sind unklar. Eine Hypothese lautet, dass die Schmerzwahrnehmung bzw. die Art und Weise, wie das Gehirn Schmerzreize verarbeitet, verändert sein könnte. Möglich wäre auch eine Störung im Serotonin-Stoffwechsel.
Diskutiert werden zudem verschiedene Risikofaktoren wie psychische Stressoren oder eine Anfälligkeit für Depressionen, die die Entstehung der Erkrankung Fibromyalgie begünstigen können. Auch eine genetische Veranlagung scheint eine Rolle zu spielen, da sich eine familiäre Häufung findet.
Welche Symptome kann das Fibromyalgiesyndrom auslösen?
Das Hauptsymptom der Fibromyalgie ist ein chronischer, diffuser und tiefer Muskelschmerz, der in einer oder mehreren Körperregionen auftritt. Betroffen sind meist der Nacken, mittlere Rücken sowie Arme und/oder Beine. Auch Taubheitsgefühle, Kribbeln und Steifigkeit sind häufige Symptome der Erkrankung. Zudem sind schmerzhafte Druckpunkte bzw. Schmerzpunkte („Tender-Points“) charakteristisch für Fibromyalgie.
Die Schmerzintensität variiert und kann durch verschiedene Faktoren, wie zum Beispiel Stress oder Wetterumschwung, zunehmen. Bei einigen Betroffenen sind die Schmerzen besonders morgens nach dem Aufstehen sehr stark und nehmen im Laufe des Tages ab. Andere leiden wiederum eher abends und nachts unter den Beschwerden.
Darüber hinaus können im Rahmen der Fibromyalgie weitere Symptome auftreten:
- chronische Müdigkeit und Erschöpfung (Fatigue-Syndrom)
- Schlafstörungen (Ein- und Durchschlafstörungen), Schlaflosigkeit
- unruhige, ziehende und kribbelnde Beine (Restless-Legs-Syndrom)
- Kopfschmerzen oder Migräne
- Schmerzen im Gesicht und Kiefer (Temporomandibulargelenk-Syndrom)
- Bauchschmerzen, Durchfall und/oder Verstopfung (Reizdarm-Syndrom)
- Sehstörungen wie Flimmern vor den Augen
- vermehrtes Zittern (Tremor)
- Überempfindlichkeit gegen verschiedene Reize wie Licht, Lärm oder Gerüche
- Nervosität, innere Unruhe, Niedergeschlagenheit, Antriebsverlust, Ängste
Aufgrund dieser vielen Symptome kommt es im Alltag vieler Betroffenen zu starken Beeinträchtigungen. Deshalb ist bei der Behandlung der Fibromyalgie ein ganzheitlicher Ansatz besonders wichtig.
Fibromyalgie: Behandlung und Therapien
Aktuell gibt es keine speziellen Medikamente, die zur Behandlung des Fibromyalgiesyndroms zugelassen sind. Dennoch können im Rahmen der Therapie verschiedene Arzneimittel zur Linderung der Schmerzen zum Einsatz kommen. Besonders häufig werden Antidepressiva verordnet, da viele Betroffene unter den Begleitsymptomen wie Ängste und Depressionen leiden. Diese können den Botenstoffwechsel im Gehirn beeinflussen und angstlösende, stimmungsaufhellende oder je nach Wirkstoff sedierende Effekte entfalten. Auch gegen Müdigkeit und Schmerzen sollen die Mittel wirken können. Dabei werden am häufigsten selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI) oder trizyklische Antidepressiva empfohlen.
Ob Patienten tatsächlich von diesen Medikamenten profitieren können, ist wissenschaftlich nicht bewiesen. Zudem kann ein Antidepressivum Nebenwirkungen, wie zum Beispiel Mundtrockenheit, Magen-Darm-Beschwerden, Gewichtszunahme, Schwindel, Schlafstörungen, Zittern (Tremor) und sexuelle Funktionsstörungen verursachen. Dementsprechend muss die Einnahme eines solchen Medikamentes gut abgewogen werden.
Eine weitere Behandlungsmethode besteht in der Verordnung von Antikonvulsiva wie Pregabalin, die ebenfalls verschiedene Botenstoffe blockieren können, die für die Schmerzübertragung verantwortlich sind. In der Regel erhält ein Patient diese Arzneimittel, wenn die Schmerzstärke besonders hoch und der Leidensdruck enorm ist. Doch auch hier können bei der Einnahme Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Schläfrigkeit, Gleichgewichtsstörungen, Magen-Darm-Beschwerden, Gewichtszunahme, vermehrtes Schwitzen und Stimmungsschwankungen auftreten.
Therapie mit Schmerzmitteln meist sinnlos
Obwohl Fibromyalgie eine Schmerzerkrankung ist, werden Behandlungen mit Schmerzmedikamenten wie Paracetamol oder nichtsteroidale entzündungshemmende Medikamente (NSAR) wie Ibuprofen nicht empfohlen, da sie keine ausreichende Wirkung entfalten oder erst gar nicht wirken.
Bei extrem starken Schmerzzuständen werden in einigen Fällen auch Opioide wie Tramdol verordnet. Das Problem bei Opioiden – neben den unerwünschten Wirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Verstopfung, Schlafprobleme und Benommenheit – ist, dass schnell eine Toleranz aufgebaut wird, sodass die Dosis immer weiter erhöht werden muss. Außerdem birgt ein solches Schmerzmittel das Risiko einer Abhängigkeit.
Symptome mit nicht-medikamentösen Therapien bekämpfen
Es gibt zahlreiche nicht-medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten. Dabei ist die Bewegungstherapie besonders wichtig, umso die Schmerzen in den Muskeln, Sehnen und Gelenken zu lindern. Geeignete Sportarten sind unter anderem Wandern, Schwimmen, Tanzen, Walking und Radfahren. Bei solch einem Ausdauertraining sollten Patienten darauf achten, dass sie es nicht übertreiben und während des Trainings noch ausreichend Luft bekommen. Zusätzlich können Trocken- und Wassergymnastik dabei helfen, die Funktion und Flexibilität der Muskeln und Gelenke zu erhalten. Für eine Besserung der Muskelschmerzen können zudem Massagen an den Schmerzpunkten sowie eine Physiotherapie sorgen.
Um besser mit dem Thema Schmerz und den Belastungen umzugehen, kann es für Betroffene von Vorteil sein, eine Psychotherapie oder Verhaltenstherapie zu machen. In Zusammenarbeit mit dem Therapeuten können Denk- und Wahrnehmungsmuster, die den Verlauf der Krankheit negativ beeinflussen, durchbrochen werden.
Darüber hinaus bietet das Erlernen von Entspannungsverfahren viele Vorteile. So können beispielsweise autogenes Training, Yoga, Tai Chi oder Meditation dabei helfen, Stress abzubauen und mehr zur Ruhe zu kommen. Denn bekanntlich können Stress, Sorgen und psychische Probleme die Schmerzen noch verschlimmern.

Zusammenhang zwischen dem Endocannabinoid-System und Fibromyalgie
Das Endocannabinoidsystem (ECS) gehört zum zentralen Nervensystem und ist an einer Vielzahl von Steuerungs- und Regulierungsprozessen im Körper beteiligt – auch an der Schmerzwahrnehmung und Schmerzverarbeitung sowie Entzündungsprozessen, Stimmung und dem Schlaf-wach-Rhythmus. Zum ECS gehören sowohl die Cannabinoid-Rezeptoren (CB1 und CB2) sowie körpereigene Cannabinoide (Endocannabinoide) und verschiedene Enzyme, die der Körper bei Bedarf bilden kann und chemisch den Cannabinoiden aus der Cannabispflanze ähneln.
Eine Hypothese in der Cannabis-Forschung lautet, dass ein Mangel an Endocannabinoiden die Funktion des ECS beeinträchtigen kann und damit die Entstehung von verschiedenen Krankheiten – wie auch dem Fibromyalgiesyndrom – begünstigt werden kann.[1] Theoretisch könnte demnach die Anwendung von Cannabinoiden diesen Mangel ausgleichen.
Studien zu Cannabis als Medizin gegen Fibromyalgie
Es wurden bereits verschiedene Studien durchgeführt, in denen die potenzielle Wirkung von Cannabis bei dem Schmerzsyndrom Fibromyalgie untersucht wurde.
Ziel einer Studie war es, den Nutzen eines Tetrahydrocannabinol (THC)-reichen Cannabis-Öls auf Symptome und Lebensqualität von Fibromyalgie-Patienten zu untersuchen.[2] An der achtwöchigen Untersuchung nahmen 17 Frauen mit Fibromyalgie teil, die in zwei Gruppen eingeteilt wurden. Eine Gruppe begann mit einem Tropfen Cannabis-Öl (ca. 1,22 mg THC und 0,02 mg CBD). Die Dosis wurde dann allmählich auf 24.44 mg/ml THC und 0,51 mg/ml CBD erhöht. Hingegen erhielten die Teilnehmerinnen in der anderen Gruppe ein Scheinmedikament.
Im Ergebnis heißt es, dass die Cannabis-Gruppe im Vergleich zur Placebogruppe eine signifikante Verbesserung der Schmerzsymptomatik berichtete. Auch die starke Müdigkeit und Erschöpfung haben abgenommen, das Wohlbefinden zugenommen und auch die Lebensqualität habe sich verbessert.
Höhere THC-Dosen scheinen hingegen die Schmerzempfindlichkeit und Druckschmerzschwelle zu erhöhen[3] So untersuchten Wissenschaftler an 20 Patienten mit Fibromyalgie die Wirkung von vier unterschiedlichen Cannabis-Sorten:
- Bedrocan (22,4 g THC, <1 g CBD)
- Bediol (13,4 g THC, 17,8 g CBD)
- Bedrolite (18,4 g CBD, <1 g THC)
- Placebo-Sorte ohne THC und ohne CBD
Bei Betroffenen mit dem Fibromyalgiesyndrom, die Bediol erhielten, war ein Rückgang der Schmerz-Werte um 30 Prozent im Vergleich zum Scheinmedikament zu verzeichnen. Die THC-haltige Cannabis-Sorte (Bedrocan) bewirkte hingegen eine signifikante Erhöhung der Schmerz-Werte.
Bei dieser Studie muss aber auch betont werden, dass hier lediglich die einmalige Inhalation der Cannabisblüten bewertet wurde.
Cannabis-Therapie gegen Schmerzen
Angesichts der weiten Verbreitung von Cannabis und seiner potenziellen Wirksamkeit bei der Behandlung verschiedener Schmerzarten könnte sich Cannabis als wirksame Schmerztherapie für Fibromyalgie erweisen. In einer Übersichtsarbeit erfassten Forscher vier randomisierte kontrollierten Studien (RCTs) und fünf Beobachtungsstudien (insgesamt 564 Patienten), die die Auswirkungen von Cannabis auf Fibromyalgie-Symptome untersuchten.[4]
Von den RCTs zeigte nur eine Studie, dass Cannabinoide keine andere Wirkung als Placebo auf die Schmerzreaktionen hatten. Insgesamt zeigt die Analyse, dass die Beweise für eine kurzfristige Schmerzlinderung bei Patienten mit Fibromyalgie, die mit Cannabinoidtherapeutika behandelt wurden, von geringer Qualität sind. Obwohl die derzeitige Evidenz begrenzt ist, scheint medizinisches Cannabis eine sichere Alternative für die Behandlung von Fibromyalgie zu sein.
Zusammenfassung: Cannabis bei Fibromyalgie
Das Fibromyalgie-Syndrom ist ein komplexes Krankheitsbild, dessen Ursache meist unbekannt bleibt und das vor allem durch chronische Schmerzen gekennzeichnet ist. Betroffene haben oft einen langen Leidensweg bis zur Diagnose hinter sich. Auch die Behandlung gestaltet sich schwierig und häufig leiden Betroffene unter den starken Nebenwirkungen verschiedener Medikamente.
Eine nebenwirkungsarme Alternative könnte hier medizinisches Cannabis sein. Zwar sind viele Studien nicht eindeutig, aus Erfahrungsberichten von Patienten ist jedoch bekannt, dass medizinisches Cannabis durchaus nützlich sein kann und einen positiven Effekt haben kann.
Die Inhalte dieses Artikels sind ausschließlich zu Informationszwecken bestimmt und stellen weder eine Beratung noch eine Anwendungsempfehlung für Medikamente, Cannabis oder andere Produkte dar. Auch dienen die Inhalte nicht zur Erstellung einer eigenständigen Diagnose oder Auswahl einer Behandlungsmethode. Für Schäden oder Ähnliches, die durch die Nutzung der Inhalte entstehen, kann Greensby weder direkt noch indirekt haftbar bzw. zur Verantwortung gezogen werden. Wir empfehlen grundsätzlich, das Gespräch mit einem Arzt zu suchen.
FAQ
Was hilft am besten gegen Fibromyalgie?
Das Fibromyalgiesyndrom gehört zu den Schmerzerkrankungen, wobei eine Therapie mit herkömmlichen Schmerzmitteln nicht wirksam ist. Deshalb kommen meist antidepressive Arzneimittel, Antikonvulsiva und in schweren Fällen Opioide zum Einsatz, die jedoch alle starke Nebenwirkungen auslösen können. Jedoch kann regelmäßige Bewegung, Entspannungsverfahren und ggf. eine Therapie bei einem Psychotherapeuten hilfreich sein.
Was sind Auslöser für Fibromyalgie?
Auch wenn sich Fibromyalgie-Patienten vielen Untersuchungen unterziehen, bleibt die Ursache meist unklar. Es wird angenommen, dass es Veränderungen im Gehirn gibt, bzw. die Wahrnehmung wie Schmerzen empfunden werden, gestört sein könnte. Zudem scheinen psychische Stressoren und die Anfälligkeit für eine Depression bei der Entstehung der Krankheit eine Rolle zu spielen.
Welches Medikament nimmt man bei Fibromyalgie?
Übliche Schmerzmittel lindern die Schmerzen bei einer Fibromyalgie meist nicht. Studien geben Hinweise darauf, dass die Kombination der Cannabinoide Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) eine Verbesserung der Symptome erzielen können. Allerdings ist die Datenlage noch sehr dünn und die Anwendung sollte mit einem Arzt besprochen werden, der sich auf die Cannabis-Therapie spezialisiert hat.
Ist THC gut für die Muskeln?
THC hat keinen direkten Einfluss auf die Muskeln. Ergebnisse aus Studien legen jedoch nahe, dass Cannabis bei Erkrankungen wie der Fibromyalgie das Schmerzempfinden der Betroffenen reduzieren und der Muskulatur dabei helfen kann, sich zu entspannen.
Welche Cannabissorte bei Fibromyalgie?
Einzelberichte deuten darauf hin, dass bestimmte Cannabissorten Patienten eine vorübergehende Linderung ihrer Symptome bei Fibromyalgie verschafft haben, wie zum Beispiel Cannatonic, Tahoe OG, Blueberry, Granddaddy Purple und Bubba Kush. Vorab sollte das Gespräch mit einem Arzt gesucht werden, da zwischen Cannabis und Medikamenten Wechselwirkungen entstehen können.
Wendest Du medizinisches Cannabis gegen Fibromyalgie-Symptome an? Dann berichte uns über die Kommentarfunktion von Deinen Erfahrungen, da dies für Betroffene hilfreich sein kann.
Quellen
[1] Russo EB. Clinical Endocannabinoid Deficiency Reconsidered: Current Research Supports the Theory in Migraine, Fibromyalgia, Irritable Bowel, and Other Treatment-Resistant Syndromes. Cannabis Cannabinoid Res. 2016 Jul 1;1(1):154-165. doi: 10.1089/can.2016.0009. PMID: 28861491; PMCID: PMC5576607, Download vom 30.3.2024 von https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28861491/
[2] Chaves C, Bittencourt PCT, Pelegrini A. Ingestion of a THC-Rich Cannabis Oil in People with Fibromyalgia: A Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled Clinical Trial. Pain Med. 2020 Oct 1;21(10):2212-2218. doi: 10.1093/pm/pnaa303. PMID: 33118602; PMCID: PMC7593796, Download vom 30.3.2024 von https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33118602/
[3] van de Donk T, Niesters M, Kowal MA et. al, An experimental randomized study on the analgesic effects of pharmaceutical-grade Cannabis in chronic pain patients with fibromyalgia. Pain. 2019 Apr;160(4):860-869. doi: 10.1097/j.pain.0000000000001464. PMID: 30585986; PMCID: PMC6430597, Download vom 30.3.2024 von https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30585986/
[4] Strand NH, Maloney J, Kraus M et. al, Cannabis for the Treatment of Fibromyalgia: A Systematic Review. Biomedicines. 2023 Jun 2;11(6):1621. doi: 10.3390/biomedicines11061621. PMID: 37371716; PMCID: PMC10295750, Download vom 30.3.2024 von https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37371716/